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Vollmacht verweigert: Brandenburger Bürgerservice verärgert einmal mehr

Aus der Stadt
  • Erstellt: 12.05.2022 / 19:01 Uhr von pre
Es war ruhig geworden um den Bürgerservice in der Stadt Brandenburg. [Oberbürgermeister Steffen Scheller schildert noch im Februar, dass es dort wesentlich besser läuft.] Am besten vor allem dann, wenn Anliegen ohne Termin vorgetragen werden. Das geht schnell, versicherte die Amtsspitze. Die Erfahrung von Christian Carla ist eine andere: Reisepässe für sein Kind und sich wollte er haben. Zwei Mal habe er nach jeweils drei Stunden Wartezeit in der Behörde aufgegeben – und sich letztendlich für einen anderen Weg entschieden. Er beantragte die Dokumente in der Gemeinde Glien. In Deutschland erlaubt, wenn ein dringlicher Grund vorliegt und die Ermächtigung des Wohnsitz-Bürgeramtes vorliegt. Doch genau an dieser scheitert es aktuell. Warum eigentlich, ist weder für Christian Carla noch seinen Anwalt erkennbar. 
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Rechtzeitig wollte sich Christian Carla um seinen Pass kümmern. Der läuft zwar erst im Dezember aus, aber da er im Sommer eine Reise plant, für die das Dokument noch sechs Monate gültig sein muss und sein Sohn nur einen Kindereisepass hat, der innerhalb der EU gültig ist, machte der Brandenburger sich jetzt ran. Die Online-Terminbuchungen versprachen keinen rechtzeitigen Termin, also setzte er sich ins Wartezimmer des Bürgerservice. „Diesen Versuch habe ich zweimal vorgenommen und musste jedes Mal nach drei Stunden wieder los“, schildert der alleinerziehende Vater und sagt: „Da ich selbstständig bin, habe ich nicht die Zeit, mich über mehrere Stunden hinzusetzen“.
Einen dritten Versuch brach er zudem ab, weil er die Schlange im Bürgerservice sah. Christian Carla fuhr nach Glien. „Da klappte es“, schildert er. Die Beantragung lief reibungslos, wurde innerhalb kürzester Zeit „abgewickelt“. Christian Carla nahm auch die doppelte Gebühr in Kauf, weil er das Ganze abgeschlossen wissen wollte. Die Ermächtigung des Brandenburger Bürgeramtes sahen die dortigen Sachbearbeiter eher als Formalität an, beschreibt es Carla. Dann der Anruf: Sie wird nicht erteilt.
Denn die Brandenburger Behörde betrachtet die Gründe für die „Fremd-Beantragung“ offensichtlich nicht als dringlich. „Ihre nicht vorhandene Bereitschaft, Wartezeit in Kauf zu nehmen, rechtfertigt nicht die Beantragung eines Dokumentes bei einer unzuständigen Behörde“, schreibt eine Mitarbeiterin auf Anfrage an den Passbeantrager. „Wartezeiten lassen sich leider nicht vermeiden. Auch für die von Ihnen erwähnte Reise müssen Sie Zeit einplanen“, heißt es ebenfalls in der Mail. Die Mitarbeiterin teilt mit: „Es entspricht jedoch nicht den Tatsachen, dass die Wartezeit fünf bis sieben Stunden beträgt und auch nicht, dass Sie nach drei Stunden Wartezeit Ihr Anliegen nicht erledigen konnten. Jeder, der eine Wartenummer gezogen hat, kommt auch dran.“
Von der Reaktion überrascht, schaltet Christian Carla am gestrigen Dienstag einen Anwalt ein. Auch der schreibt an den Bürgerservice, „in der Hoffnung, eine unkomplizierte bürgernahe Lösung noch an diesem Tag zu finden.“
In der E-Mail wundert sich Rechtsanwalt Jörg-Klaus Baumgart aus Potsdam, warum die Einverständniserklärung und Bestätigung verweigert werde, wenn „dies doch nur Vorteile für Sie hätte“. Er zählt auf: „Das Problem ist schnell gelöst, der Bürger zufrieden.“, „Ihre Behörde wird entlastet und hat keine weiteren Arbeitsaufwand, der es ihr gestattet, in dieser Zeit anderen Bürgern zu helfen.“
Er beantragte förmlich, innerhalb von 24 Stunden gegenüber der Gemeinde Glien die Bestätigung zu erteilen. "Die Einleitung eines förmlichen Verwaltungsverfahrens entfällt, soweit Sie die Bestätigung unter abschriftlicher Mitteilung hierher vornehmen“, teilt Baumgart mit.
Zudem lässt sich der Anwalt am Ende der E-Mail folgenden Hinweis nicht nehmen: „Ich habe einmal überlegt, welchen Zeitaufwand dieser E-Mail Verkehr für Sie und für den Bürger gebracht hat, etwa 1,5 Stunden. Die Erteilung der Bestätigung gegenüber der Gemeinde Glien hätte drei Minuten gedauert.“ Er fragt: „Ist das Ihre Auffassung von effizienter Bürgertätigkeit?“.
Eine Antwort darauf blieb bis dato aus ebenso wie die Bestätigung gegenüber dem Bürgeramt in Glien. Den Fall hat Christian Carla nun auch schriftlich der Stadtverordnetenversammlung Brandenburg geschildert und zudem eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht.

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