Die mehrstündige Diskussion hat ein Ende. Die Stadtverordneten Dr. Liselotte Martius, Hanswalter Werner, Ralf Holzschuher, René Kretzschmar und Klaus Hoffmann wollten zuvor von der SVV beschließen lassen, dass die Stadt die Miete für das Bürgerhaus der Altstadt (Baujahr 1408) übernimmt. Um 20.25 Uhr scheiterte ihr Antrag mit 17 Ja- gegen 21-Nein Stimmen. Man hatte eine fünfjährige Laufzeit angestrebt. Die FDP stellte dazu einen Änderungsantrag, plädierte für eine Übergangslösung bis zum 31. Dezember 2023, bis dahin solle ein neues Gesamtkonzept mit dem Verein der Altstädter erarbeitet werden. Nachdem die Einzel-Einreicher am Ende versuchten ihren Antrag ...
... in die Ausschüsse zu verweisen um einen Verhandlungsstillstand zu vermeiden (scheiterte mit 19 Ja, 21 Nein), hakten sich CDU, Freie Wähler und AfD ein. Sie schlugen als Alternativvorschlag vor: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt mit allen Beteiligten (Stadt / Altstädter / anderen Interessierten / Eigentümer / Verwaltung) über die Zukunft eines Bürgerhauses zeitnah in Verhandlungen zu treten.“
Doch dazu kam es nicht mehr - augenscheinlich weil die Stadtverordneten ihr eigenes Verfahren nicht mehr durchschauten. Das Problem: Die Änderungsanträge kamen gar nicht mehr zur Abstimmung, weil der Hauptantrag der fünf Einreicher um 20.25 Uhr mehrheitlich abgelehnt wurde. Verdutzt und enttäuscht verließen die Altstädter-Anhänger den Rolandsaal. SVV-Chef Walter Paaschen rief da schon den nächsten Tagesordnungspunkt auf.
Im Sinne der jetzigen Betreiber ist das heutige Ergebnis nicht: „Wir sind maßlos enttäuscht, gerade weil wir bei den beiden Änderungsanträgen noch Hoffnung hatten. Wir fangen jetzt an zu packen“, sagte in einer ersten Reaktion Kathrin Arndt vom Verein der Altstädter gegenüber Meetingpoint.
Minimalchance: Bereits morgen könnte eine Fraktion einen neuen SVV-Antrag einreichen. Um Aufschub bei der Räumung des Bürgerhauses zu erhalten, müsste sich wohl die Stadtspitze mit dem Eigentümer verständigen und eine neue Frist aushandeln..
Die Diskussion zuvor: Ralf Holzschuher (SPD) merkte eingangs an, worin er das Problem in der Altstadt sieht. „Wahnsinnig spannende Orte werden nicht genutzt.“ Eine Ausnahme sei davon das Bürgerhaus in der Altstadt. Sein Tenor: Wenn wir viele spannende Orte haben die nicht funktionieren, ist es grundfalsch, funktionierende Orte nicht mehr zu nutzen. „Das Potential ist landesweit einmalig“, meint Holzschuher. Er sieht durchaus Möglichkeiten mit dem Haus Einnahmen zu generieren, doch dazu benötige man ein „funktionierendes Kulturmanagement“.
Klaus Hoffmann (Grüne) wies auf die touristischen Möglichkeiten hin. „Wir können Touristen auch anlocken indem wir sagen: Wir haben das älteste Fachwerkhaus der Mark. Wir müssen mehr Anziehungspunkte für Touristen schaffen.“
„Es ist völlig diskussionslos, dass die Altstädter gute Arbeit geleistet haben“, sagte dazu die CDU-Stadtverordnete Birgit Didczuneit-Sandhop, dafür gilt ihnen großer Dank. „Jetzt haben wir nach 15 Jahren eine Situation, dass die freie Nutzung des Hauses für die Altstädter endet, weil der Eigentümer sein Haus vermieten möchte.“ Bisher zahlte der Verein nur die Nebenkosten. „Nach meiner Kenntnis möchte der Eigentümer keinen Vertrag mehr mit den Altstädtern“, berichtete die Stadtverordnete. Nun gelte es einen neuen Standort zu finden, nur verschlechtern dürfen sich die Vereinsmitglieder nicht.
Dirk Stieger von den Freien Wählern warf ein: „Unsere Wertschätzung für die Altstädter ist nicht verbunden mit der Immobilie.“ Wenn es um solche emotionalen Themen gehe, seien solche Anträge wie dieser nicht optimal. Anspruch könne sein, eine Alternative zu finden.
FDP-Fraktionschef Herbert Nowotny mahnte, dass Interesse sein müsse, dieses Objekt weiter öffentlich zugänglich zu halten. Das Fachwerkhaus habe "eine große Bedeutung" für die Stadt. Nun hätten sich mit dem Wegfall der Fördermittelbindungsfrist die Vorzeichen geändern, man müsse eine Lösung suchen.
"Wenn das Bürgerhaus in der Bäckerstraße verloren geht, geht auch ein Stück Kultur verloren", sagt die SPD-Stadtverordnete Dr. Lieselotte Martius
Die Miete die im Raum steht und welche der Verein von der Stadt als Förderung bekommen will: 36.000 Euro pro Jahr.
Interessanter Randaspekt: Der Fontane-Klub direkt an der Jahrtausendbrücke ist noch bis Juli 2025 zweckgebunden für kulturelle Zwecke zu verwenden. Die spannende Frage ist: Was macht die Kommune mit ihrem Eigentum nach dem Ablauf der Zweckbindungsfrist. Die Klärung dieser Frage könnte laut Steffen Scheller schwierig werden. Gleichwohl sehe er Tendenzen, dass das Haus und das Angebot der Altstädter vielleicht gut zusammenpassen könnten.
Eine spitze Bemerkung aus den Reihen der Stadtverordneten: Würde jeder der Petitionsunterzeichner Mitglied im Altstädter-Verein und 3 Euro pro Monat zahlen, wäre die Miete dauerhaft gesichert.
Die Kurz-Bilanz des Abends lieferte FDP-Fraktionschef Herbert Nowotny: “Ich habe mir das jetzt eineinhalb Stunden angehört. Dieses Theater ist beschämend, anders kann ich das nicht mehr nennen.”
Die 20.25 Uhr Abstimmung im Detail:
- Original-Antrag der 5 Einreicher (Stadt soll Miete übernehmen): 17 Ja, Nein: 21
- Änderungsantrag FDP (Übergangszeit bis 31.12. für die Bäckerstraße): nicht mehr abgestimmt, da der Hauptantrag abgelehnt war
- Änderungsantrag CDU, Freie Wähler, Afd (Verhandlung über ein Bürgerhaus, Standort offen): nicht mehr abgestimmt, da der Hauptantrag abgelehnt war