Heute Mittag wurden vor dem Wohnhaus St.-Annen-Straße 14 in Brandenburg an der Havel vier weitere Stolpersteine verlegt. Mit den Stolpersteinen des Künstlers Gunter Demnig wird an eine weitere jüdische Familie erinnert, an Naftali Anton Milewski, an seine Frau Klara, die gemeinsame Tochter Rosa und an Helena Richter, Klaras Tochter aus erster Ehe. Die Idee zur Verlegung von Stolpersteinen entstand aus einem Projekt von Schülern des Domgymnasiums, die in einer Projektwoche in der Begegnungsstätte Schloss Gollwitz dazu recherchierten.
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So berichteten die beiden Schülerinnen des Domgymnasiums Stella Löhst und Lale Zoschke vor den Anwesenden über ihre Recherchearbeiten und damit aus dem Leben der Familie. Bei ihrem Projekt wurden sie wieder vom Rotary Club Brandenburg an der Havel und den Stadtmuseum unterstützt. Es gelang, mit Elsa Lapidus, der Tochter von Helena Brück, geb. Richter, sowie Rachel Eskin Fisher, einer Verwandten von Anton Milewski, beide leben in den USA, Kontakt aufzunehmen und nach Abschluss des Schülerprojektes eine Vielzahl von weiteren Dokumenten von ihnen zu bekommen, die hier bislang unbekannt waren.
Naftali Anton Milewski ist 1892 geboren und er war Kaufmann mit einem Geschäft für Bekleidung. Bereits 1938 wurde Anton nach den Novemberpogromen ins KZ Dachau verschleppt, aus dem er jedoch nach einigen Monaten entlassen wurde. Nach der Zwangsversteigerung des Geschäftes der Familie zogen sie in die Neustädtische Heidestraße als Untermieter. Seine Frau Klara, geborene Fränkel, verheiratete Richter, war zwei Jahre jünger als Anton. Antons und Klaras gemeinsame Tochter Rosa Milewski, geboren 1928, wurde von ihren Eltern nach Berlin geschickt, um dort in eine jüdische Schule gehen zu können. Als jüdisches Kind war ihr spätestens ab den Novemberpogromen 1938 der Besuch einer deutschen Schule vollständig verwehrt.
Anton und Klara gehörten zu den letzten Jüdinnen und Juden, die am 13.04.1942 in einem demütigenden Zug durch die Stadt Brandenburg zum Bahnhof gehen mussten, fotografiert vom Leiter der politischen Abteilung der Brandenburger Kriminalpolizei. Rosa musste in Berlin zu ihren Eltern steigen, der Transport brachte die drei in das Warschauer Ghetto. Ihr weiteres Schicksal ist unbekannt, wahrscheinlich wurden sie noch im Laufe des Jahres 1942 dort ermordet.
Klaras Tochter aus erster Ehe, Helena Richter (geb. 1921) konnte im Dezember 1938 in die USA ausreisen. Helena heiratete später den ebenfalls deutschen Emigranten Max Brück. Sie hatten drei Kinder. Helena engagierte sich bis zu ihrem Tod 1991 für die jüdische Community in ihrer neuen Heimat. Auch Rosa sollte in die USA ausreisen, dies gelang jedoch nicht, weil sie aufgrund einer körperlichen Behinderung am linken Arm abgelehnt wurde, wie Helenas Tochter Elsa Lapidus in einem Telefongespräch in diesem Frühjahr berichtete.
Im Jahr 2022 wurden die ersten vier von Künstler Gunter Demnig gestalteten Stolpersteine im Gedenken an jüdische Brandenburger verlegt. Inzwischen sind weitere sechs Steine verlegt worden, in Erinnerung an jene Menschen, die während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entrechtet, in die Flucht oder Selbstmord getrieben oder ermordet wurden. Und als ein Zeichen der Mahnung, das dies nie wieder geschehen darf.