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Ein Motorrad setzte dem Leben von Otto Tschirch ein Ende

Historisches
  • Erstellt: 18.02.2025 / 20:01 Uhr von Marcus Alert
Otto Tschirch war ein kleiner breitschultriger Mann, dem in seinen besten Jahren ein scharfer Blick nachgesagt wurde. Den hatte er am Vormittag des 13. März 1941 nach einem Schoppen Wein offensichtlich etwas verloren. Denn auf dem Weg vom „Hotel Lange“ unweit der Jahrtausendbrücke zu seiner Wohnung in der Hammerstraße wurde der aufgrund seines Alters von 82 Jahren schon stark sehbehinderte Professor auf Höhe des Packhofes von einem Motorrad erfasst und starb an den Folgen des Unfalles. Er wurde am 18. März auf dem Altstädtischen Friedhof beigesetzt. Sein Grabstein verschwand in den 1970er Jahren. Nach der Wende ließ die Stadt an der Stelle einen Gedenkstein aufstellen.

Der 1858 in Guben geborene Otto Tschirch war ein rein bürgerlicher Geschichtsschreiber. Auch deshalb erhielt er 1929 in der von der SPD dominierten Stadtverordnetenversammlung nicht die nötige Mehrheit für die Verleihung der Ehrenbürgerschaft. Das funktionierte dann erst am 24. Mai 1933. Damit würdigte man sein Lebenswerk, die zur Tausendjahrfeier im Jahre 1929 herausgegebene „Geschichte der Chur- und Hauptstadt Brandenburg“. Bereits 1936 erfolgte die 2. Auflage, die zwei Jahre später von den Nazis verboten wurde. 1941 erschien die 3. Auflage, allerdings ohne seine Mitwirkung.

Otto Tschirch studierte in Berlin Geschichte, Germanistik, Geographie, Philosophie und Pädagogik. 1882 kam er als Aushilfslehrer an das Salderngymnasium, wo er zwei Jahre später dann fest angestellt wurde. Im gleichen Jahr machte Otto Tschirch an der Uni Halle seinen Doktor. 1902 wurde er an der Saldria zum Professor ernannt. Am 1. April 1921 wurde der dreifache Vater, er war seit 1885 mit Maria Beata Schütz verheiratet, mit 63 Jahren pensioniert. Das war aber nicht das Ende seines Berufslebens.

Bereits ab 1899 hatte er die ehrenamtliche Stelle als Stadtarchivar inne. Die wurde 1921 in eine hauptamtliche Anstellung umgewandelt. Für die nächsten sieben Jahre zahlte ihm die Stadt den Differenzbetrag zwischen seiner Pension und seinem Professorengehalt. Seine Hauptaufgabe war die Erarbeitung der „Chronik der Chur- und Hauptstadt“. Parallel hatte er bereits seit 1909 den Vorsitz im Historischen Verein – seit 1937 Ehrenvorsitzender - inne, wo er zwischen 1896 bis 1935 die Jahresberichte mit herausgab. Von 1923 bis 1939 leitete er dann auch noch das gerade gegründete Heimatmuseum. Der mit zahlreichen Auszeichnungen geehrte Otto Tschirch gab in seinem Wissenschaftlerleben zahlreiche Bücher, auch überregionale, heraus.

In der DDR wurden 1958 in der Märkischen Volksstimme und in den Brandenburger Neuesten Nachrichten zu seinem 100. Geburtstag sein Wirken gewürdigt. In späteren Jahren stand seine Stadtchronik auf dem Index. Trotzdem ist das zweibändige Werk heute noch in vielen Bücherregalen zu finden. 1993 wurde in der Stadt eine Straße nach ihm benannt und 2007 erhielt eine Oberschule seinen Namen.

Bilder

Otto Tschirch an seinem Arbeitsplatz, seinem Schreibtisch. Foto: Archiv Alert
Die Tschirch-Enkelin Adelheid Meisel an der Büste ihres Großvaters. Foto: Alert
Otto Tschirch im Porträt. Foto: Archiv Alert
Der von der Stadt auf dem Altstädtischen Friedhof aufgestellte Gedenkstein. Foto: Alert
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