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Der Vorzeige-Kommunist Werner Seelenbinder

Historisches
  • Erstellt: 02.03.2025 / 12:01 Uhr von Marcus Alert
Während der Westen nach 1945 aus politischen Gründen den Namen Werner Seelenbinder unter den Teppich kehrte, gehörte der Arbeitersportler in der DDR von Beginn an zu den Vorzeige-Kommunisten. Daher benannte die BSG Motor Süd auch ihren Sportplatz nach dem erfolgreichen deutschen Ringer – 1958 wurde der Gedenkstein mit der Büste aufgestellt - und die BSG Stahl richtete bis zur Wende in der Stahl-Halle ihr zuletzt sogar internationales Werner-Seelenbinder-Gedenkturnier im Ringen aus. Und auch das in Briest stationierte Transporthubschraubergeschwader 34 trug den Namen des bekannten Arbeitersportlers. Die Fangruppe des BSC Süd 05 trägt seit Jahren in ihrem Logo das Konterfei Werner Seelenbinders. Der ist auch Namensgeber einer Straße in Brandenburg-Nord.

Noch bis zum 28. März kann im Gotischen Haus in der Ritterstraße das Leben des sechsfachen deutschen Meister und EM-Bronzemedaillengewinners in einer Wanderausstellung nachvollzogen werden. Professor Oliver Rump von der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft hat das Leben des Arbeitersportlers zusammen mit seinen Studenten erforscht. Stadtsportbund und Heimatmuseum unterstützten, dass die Ausstellung nun auch in Brandenburg Station macht. Im Titel der Expo tauchen allerdings nicht nur die Begriffe Ringer und Kommunist auf, sondern auch Staatsfeind. „Widerstandskämpfer wäre auch eine Bezeichnung gewesen, doch wurde er ja nach Kriegsende auch von West-Berlin bekämpft“, verrät der Professor.

Nach einem Besuch in Moskau trat Werner Seelenbinder bereits 1928 der KPD bei. Mit der Machtergreifung Hitlers schloss sich Werner Seelenbinder der Widerstandsbewegung an und führte vor allem Kurierdienste aus. Bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin wurde er Vierter. Die Legende erzählt, dass er bei der Siegerehrung eigentlich eine Protestrede halten wollte. Doch als Vierter war er bei der Siegerehrung nicht mit dabei. 1941 konnte der Vorzeige-Athlet noch seinen 6. Deutschen Meistertitel gewinnen. Doch im Februar 1942 wurde er als Mitglied der Uhrig-Widerstandsgruppe verhaftet. Er kam in der Folgezeit in neun verschiedene Arbeits- und Umerziehungslager und Zuchthäuser.

Am 5. September 1944 wurde der zweifache EM-Bronzemedaillen-Gewinner in Potsdam vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Eine Woche später wurde der prominente Sportler in das Zuchthaus Brandenburg-Görden verlegt. Am 24. Oktober soll er dort ein Gnadengesuch geschrieben und sogar angeboten haben sich im Fronteinsatz zu bewähren. Doch am 24. Oktober muss er dann doch zum Scharfrichter Wilhelm Röttger. Laut einer weiteren Legende soll sich Seelenbinder vehement körperlich dagegen gewehrt haben durch das Fallbeil geköpft zu werden. Doch das half ihm letztlich nichts.

Am 25. Oktober wurde seine Leiche eingeäschert. Am 27. Jul 1945 fand im Stadion Neukölln das erste Nachkriegssportfest des Stadtteiles statt. Dabei wurde nicht nur die Urne mit der Asche Seelenbinders im Stadion beigesetzt, sondern es auch in Werner-Seelenbinder-Kampfbahn umbenannt. Ab 1948/49 verwendeten die Behörden diesen Namen aber nicht mehr.

Das Gotische Haus ist vom Johanniskirchplatz aus zu betreten. Während der Verwaltungszeiten ist auch die eintrittsfreie Ausstellung im Erdgeschoss erreichbar. Öffnungszeiten sind montags bis donnerstags von 9-12 Uhr und 13-15 Uhr sowie freitags nur von 9-12 Uhr.

Bilder

Werner Seelenbinder war in den 1930er Jahren ein Weltklasse-Ringer. Repro: Alert
Professor Oliver Rump gestaltete mit Studenten eine Wanderausstellung. Foto: Alert
Die Ausstellung ist noch bis Ende März wochentags im Gotischen Haus zu besichtigen. Foto: Alert
Euthanasie-Gedenkstättenleiterin Sylvia de Pasquale und Museumschefin Anja Grothe waren bei der Eröffnung mit dabei. Foto: Alert
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