In der Stadt Brandenburg wurden Männer und Frauen geboren, die später zu Weltruhm gelangten. Einer der bedeutendsten Porzellanplastiker der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts, in New York geboren, kam dagegen nur ganz kurz mit der Havelstadt in Berührung. Als schwerkranker Flüchtling lebte Paul Scheurich nur einige Monate in Brandenburg, ehe er hier am 19. September 1945 starb. Sein sehr auffälliges und unter Denkmalschutz stehendes Grab ist heute noch auf dem Neustädtischen Friedhof zu finden.
1958 stiftete die Meißener Porzellanfabrik aus Anlass seines 75. Geburtstages aus ihren Depotbeständen eine 61 mal 65 Zentimeter große Keramikplatte mit der „Dame mit Schriftrolle“ als Motiv. Die wurde damals in den Grabstein eingelassen. Nässe und Frost zerstörten die Platte allerdings. Die Reste kamen 1987 in das Heimatmuseum. 1993 ersetzte die Manufaktur die Platte. Doch schnell war klar, dass auch sie keinen langen Bestand haben wird. Daher wurde 1995 in der Berliner Bildgießerei Hermann Noack das Relief in einer Siliconform in Bronze gegossen. Zu Scheurichs 50. Todestag kam die Platte an ihren heutigen Platz.
Sein Vater betrieb eine photographische Anstalt und seine Mutter war Bildhauerin. Der 1883 geborene Paul Scheurich trat in ihre Fußstapfen. Nach dem Studium an der Berliner Kunstakademie war er sehr vielseitig tätig. Er illustrierte Schriften, fertigte Bühnenbildner und Kostüme, schuf Wandgemälde an und ab 1929 ließ die Deutsche Reichsbank sogar Banknoten nach seinen Entwürfen drucken. Sein Hauptbetätigungsfeld war jedoch seine Tätigkeit für die Porzellanmanufaktur in Meißen, für die er in seinem Berliner Atelier 102 Plastikmodelle schuf.
Trotz seines künstlerischen Erfolges, 1923 erhielt er den Professorentitel, gab es aber auch Durststrecken. Während der Weltwirtschaftskrise nach dem 1. Weltkrieg hatte er massive wirtschaftliche Probleme. Um zu Überleben verkaufte er auch wertvolle Graphiken und Gipsmodelle. Hinzu kam eine schwere Krankheit, die über einen längeren Zeitraum schöpferisches Arbeiten nicht zuließ. Erst Ende der 1920er Jahre kam Paul Scheurich langsam wieder auf die Beine. Trotz der im Jahre1933 erlassenen neuen Gestaltungsrichtlinien feierte Paul Scheurich auch in der Nazizeit noch große Erfolge. Er schuf den Gobelin im Gebäude des Reichspropagandaministeriums und Wandbilder in der Wandelhalle des Augsburger Stadttheaters. 1937 wurde ihm auf der Weltausstellung in Paris für mehrere seiner Porzellanfiguren der Grand Prix verliehen.
Sein Atelier in Berlin war bereits 1943 durch eine Bombe zerstört und sein Sohn als Fliegeroffizier über Belgien abgeschossen worden. Daraufhin siedelte er mit seiner Frau, der Malerin Katharina Soder, nach Moritzburg über. Auf der Flucht kamen beide dann im Frühjahr 1945 nach Brandenburg, wo er schließlich, erst 61-jährig, starb.