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Oberbürgermeister Paul Szillat: Ein Jahr im Brandenburger Rathaus und sechs Jahre im Zuchthaus

Historisches
  • Erstellt: 24.03.2025 / 20:01 Uhr von Marcus Alert
Knapp ein Jahr fungierte der heute in der Havelstadt unbekannte Paul Szillat in Brandenburg als Oberbürgermeister. Dank einer SPD-Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung wurde er am 22. März 1932 gewählt und am 20. März 1933 vom preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring entlassen. Viel bewegen konnte der 1888 in Berlin-Charlottenburg geborene Szillat in dieser kurzen Zeit natürlich nicht.

Bis zum Verbot der SPD im Juni 1933 blieb er zumindest noch Landtagsabgeordneter. Kurze Zeit später wurde der SPD-Genosse verhaftet und kam im Brandenburger Polizeigefängnis in eine sogenannte Schutzhaft. Einige Tage später wurde er in das KZ Oranienburg überstellt. Am 9. August wurde der 44-Jährige dort jedoch entlassen. Er blieb zwar unter Polizeiaufsicht und durfte nicht in die Havelstadt zurückkehren, doch ansonsten ging man nicht weiter gegen ihn vor. Er lebte nun in Berlin.

Mit Kriegsende war Paul Szillat dann aber in Rathenow zu finden. Dorthin hatte es ihn bereits 1920 als Geschäftsführer des Metallarbeiter-Verbandes verschlagen. Ein Jahr später war er im Havelland bereits Kreistagsabgeordneter und ab 1924 saß er nicht nur in der Rathenower Stadtverordnetenversammlung, sondern führte dort auch die SPD-Fraktion an. So war er in Rathenow nach Kriegsende kein Unbekannter.

Sofort wurde er stellvertretender Landrat und am 21. Juni 1950 setzte ihn der sowjetische Stadtkommandant als Oberbürgermeister der Stadt Rathenow ein. Er war einer der SPD-Genossen, die für die Vereinigung mit der KPD eintraten. Trotzdem wurden ab 1948 immer mehr altgediente Ex-SPD-Mitglieder ausgegrenzt. Das traf auch Szillat, der parallel zu seinem OB-Amt auch noch Landtagsabgeordneter war.

Im Juli wurde von der Kreis-SED ein Ausschlussverfahren gegen ihn eingeleitet. Ende August wurden er, sein Sohn und andere Kommunalpolitiker verhaftet. Wie üblich wurden den Verhafteten schwere Wirtschaftsvergehen vorgeworfen. Hinzu kam die Anklage wegen Sabotage- und Agententätigkeit. Letzteres war nicht völlig aus der Luft gegriffen, da Szillat nachweislich seine Westberliner SPD-Bekannten mit Informationen versorgte. Im November 1950 wurde Paul Szillat zu acht und sein Sohn zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Beide saßen ausgerechnet in Brandenburg-Görden ein. Während des 17. Juni 1953 skandierten in Rathenow die Demonstranten „Freiheit für Paul Szillat“.

Nach sechs Jahren verkündete Staatspräsident Wilhelm Pieck eine Amnestie. Paul Szillat ging 1956 nach West-Berlin, wo er am 17. Januar 1958 starb. 1990 rehabilitierte der Rathenower PDS-Kreisvorstand Vater und Sohn Szillat. Zwei Jahre später wurden die Zuchthaus-Urteile einkassiert. Sein Sohn initiierte die Aufstellung eines Szillat-Reliefs im Rathenower Rathaus. In Brandenburg erinnert nichts an diesen Oberbürgermeister.

Bilder

Das Szillat-Relief im Rathenower Rathaus. / Foto: Alert
Paul Szillat war 1932/33 Brandenburger Oberbürgermeister. / Foto: Archiv Alert
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