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Die Reichsgräfin Charlotte Dorothea von Effern ist die „Mumie von St. Johannis“

Historisches
  • Erstellt: 21.04.2025 / 20:01 Uhr von Marcus Alert
Kampehl bei Neustadt/Dosse hat Christian Friedrich von Kahlbutz, die Stadt Brandenburg Charlotte Dorothea von Effern. Während sich der nicht verweste Landadlige Kahlbutz zu einer Touristenattraktion entwickelte, bekamen die hochadelige Gräfin als „Mumie von St. Johannis“ nur wenige zu sehen. Entdeckt wurde sie, weil im April 1812 Reparaturarbeiten an einem oberirdischen Gewölbe der einstigen Klosterkirche anstanden. Dabei wurde die mumifizierte Leiche entdeckt. Schnell wurde damals in der Stadt erzählt, dass die Gräfin damals wegen Ehebruchs lebendig begraben worden sei. Allerdings war sie zum Zeitpunkt ihres Todes immerhin schon 71 Jahre alt, gehört die Geschichte von der Bestrafung wohl eher in die Welt der Sagen.

Die Inschrift auf einer an dem von einem Ratsherrn zur Verfügung gestellten Gewölbe angebrachten schwarzen Tafel verriet, dass Charlotte Dorothea von Steuben, geborene Gräfin von Effern, am 23. April 1733 gestorben war. Fünf Tage später wurde sie in der St. Johanniskirche in einem Eichensarg beigesetzt. Nach Brandenburg war die Gräfin 1727 gekommen. Ihr damals 65-jähriger Mann war von König Friedrich Wilhelm als königlicher Oberprediger der reformierten Gemeinde berufen worden.

Augustin von Steube hatte die aus Dänemark stammende Gräfin im Jahre 1688 geheiratet. Beide hatten ein gutes Auskommen. Doch dann ging der reformierte Prediger ein Liebesverhältnis mit einer Magd ein. Es folgte der gesellschaftliche und soziale Absturz. Die Familie wanderte daraufhin nach Preußen aus. Im Jahre 1705 erschoss der Prediger aus Versehen bei der Jagd auch noch einen Jungen und legte daraufhin sein einkömmliches Amt nieder.

Als die Reichsgräfin von Effern 1707 an den königlichen Hof gerufen wurde, um den Prinzen zu stillen, besserte sich die Situation etwas. Ein Jahr später übernahm ihr Mann als königlicher Prediger eine Stelle in Drechen. Bei seiner Ankunft setzte Augustin Steube erstmals das „von“ vor seinen Namen. Es folgten die glücklichsten Jahre, ehe es nach Brandenburg ging. Sechs Jahre waren der zehnfachen Mutter hier noch vergönnt. Nach ihrem Tode wurde die Gräfin angesichts ihres Standes innerhalb der St. Johanniskirche beigesetzt.

79 Jahre nach der Beisetzung, am 29. Mai 1812, nahm der eiligst hinzu gerufene hiesige Medizinalrat Dr. Johann-Carl Sybel den unverwesten Leichnam in Augenschein. Mit dabei waren auch der Regimentschirurg Holzhauer und der Stadtwundarzt Müller. Das Trio schrieb damals: „Das Gesicht mit allen Mienen einer alten Frau war, so wie der unbedeckte Hals, blassbräunlich und fast durchgängig, die Ohren und Nasenspitze ausgenommen, mit einem weißlichen Überzug versehen“.

Weiter heißt es in dem Bericht: „Die Haut- und Fleischbedeckung lag fest auf den Knochen angespannt und fühlte sich lederartig an, nur auf dem oberen Teil der Backen war sie nachgiebig und fehlte auf der Stirn ganz.“ Auch das Sterbehemd, die weißen Baumwollstrümpfe, die ledernen Handschuhe und ein schwarzes Seidentuch sahen aus wie neu. „Mir ist, ich gestehe es, der Grund der hier wahrgenommenen Erscheinungen nicht erklärbar“, räumte Dr. Johann-Carl Sybel am Ende des mehrseitigen Berichtes unumwunden ein. Nach der Untersuchung kam der Leichnam wieder in das Gewölbe. Als das 1905 nochmals geöffnet wurde, hatte sich der Zustand nicht geändert. Jetzt kam der Sarg unter den Fußboden der Vorhalle der Sakristei.

Augustin und Charlotte Dorothea von Steube hatten wie erwähnt zehn Kinder und Dutzende Enkel. Einer war der amerikanische Generalmajor Friedrich Wilhelm Gerhard Ludolph Augustin von Steuben, der im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg eine so wichtige Rolle gespielt hat.

Bilder

Die Gräfin Charlotte Dorothea von Effern wurde 1733 in der St. Johanniskirche beigesetzt, wo sie nicht verweste. Foto: Archiv Alert
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