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20 griechische Partisanenkinder kamen Mitte der 1950er Jahre nach Brandenburg

Historisches
  • Erstellt: 20.06.2025 / 20:01 Uhr von Marcus Alert
Gut 20 junge Griechen, sogenannte Partisanenkinder, kamen Mitte der 1950er Jahre in die Stadt Brandenburg, wo sie in einem Wohnheim in der Gustav-Nachtigal-Straße wohnten und zumeist im Stahlwerk arbeiteten. Nach und nach heirateten sie, gründeten Familien. Die meisten gingen in den 1970er Jahren entweder in den Westen oder kehrten in ihre Heimat zurück. Einige blieben aber auch. Einer der Nachkommen ist der heute 66-jährige Panajotis Zatlidis.

Seine Vorfahren stammten aus der Türkei. In Folge des 1. Weltkrieges wurden die Christen aus der Türkei nach Griechenland zwangsumgesiedelt. Diese Pontosgriechen wurden im strukturschwachen Norden angesiedelt. Nach dem 2. Weltkrieg tobte in Griechenland ein Bürgerkrieg. Die Demokratische Partei unter Führung der Kommunisten unterlag letztlich den Truppen des Königs Paul, der von den USA und Großbritannien unterstützt wurde. Um die Kinder zu schützen und für ein späteres kommunistisches Griechenland gut auszubilden, kamen gut 28.000 Partisanenkinder nach Bulgarien, Albanien und Jugoslawien. Von dort ging es in verschiedene sozialistische Staaten.

Der damals 17-jährige Konstantinos Zatlidis landete mit weiteren 1240 Kindern in Radebeul. In Leipzig absolvierte er eine Lehre als Technischer Zeichner, ehe es in die Havelstadt ging, wo er im Konstruktionsbüro des hiesigen Stahlwerkes tätig war. Zusammen wohnten die gut 20 Griechen in einem Wohnheim. Nach und nach gründeten sie Familien. Jährlich gab es von der Stadt Zuschüsse, damit sie ihre griechische Kultur pflegen konnten.

Im Kinderdorf des SWB waren die griechischen Kinder alle in Haus 1 untergebracht und erhielten dort auch Griechisch-Unterricht. „In der Heinrich-Heine-Schule hatten wir täglich griechisch“, erinnert sich Panajotis Zatlidis. Beim Abitur war Griechisch seine zweite Fremdsprache. Während eines Praktikums im hiesigen BMK Ost landete er bei den Gerüstbauern. Die rüsteten damals in Berlin die Charité und den Palast der Republik ein. Der Verdienst war so gut, dass er dabei blieb und in der Wendezeit dann sogar seine eigene Firma gründete.

Sein Vater, der nie die DDR-Staatsbürgerschaft hatte, war bereits 1976 in den Westen gegangen. 1993 kehrte er für 20 Jahre nach Griechenland zurück. Seine beiden letzten Jahre verbrachte er dann aber wieder in der Havelstadt. Panajotis Zatlidis war dagegen mit Geburt DDR-Staatsbürger. „Obwohl wir ab den 1970er Jahren die Grenze problemlos passieren konnten, war der Westen nie ein Thema für mich“, so Panajotis Zatlidis. Und was von seinen Wurzeln ist geblieben? Er spricht perfekt griechisch und macht mehrmals im Jahr Urlaub in seinem Ferienhaus in Griechenland.

Bilder

Die griechischen Einwanderer bei einem griechischen Fest. Foto: Privat
Konstantinos Zatlidis vor dem Wohnheim in der Gustav-Nachtigal-Straße. Foto: Privat
Die Nachkommen der griechischen Partisanenkinder. Foto: Privat
Die Griechen mit traditionellem Kopfschmuck. Foto: Privat
Panajotis Zatlidis im Urlaub in der griechischen Stadt Asprovolta. Foto: Privat
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