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Hacks-Sommerlesereihe am Theater, Teil 2: Liebe auf Distanz

Theater
  • Erstellt: 24.08.2020 / 08:16 Uhr von Helga Stöhr-Strauch
Briefwechsel auf der Theaterbühne sind ungefähr so heikel wie ein Anruf von Mutti zu nächtlicher Stunde. Man muss schon einen guten Grund dafür haben. Stellt sich also die Frage, wieso gerade heute Liebesbriefe der Schauspielerin Eva-Maria Hagen (Jahrgang 1934) und des Schriftstellers Peter Hacks (1928 – 2003) im Brandenburger Theater vorgelesen werden. Handelt es sich doch um sehr private Erinnerungen, die die Schauspielerin zehn Jahre nach dem Tod des Autors und inspiriert von Pierre-Ambroise-François Choderlos de Laclos’ „Liaisons Dangereuses“ unter dem Titel „Liaison Amoureuse“ herausgegeben hat.
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In ihnen erscheint ihre Beziehung allerdings nie so spannend, wie es sich die Schauspielerin und der heutige Zuhörer vielleicht erhofft hatten.

Man sucht also nach Antworten: Zeitgenössische Bezüge? Fehlanzeige. Bezug auf literarische Strömungen? Fehlanzeige. Politik? Fehlanzeige. Es geht einzig und allein um Eva-Maria Hagen und Peter Hacks. Die Schauspielerin und der Dichter. Das ist nicht wirklich aufschlussreich, zumal sich die Zeiten ja auch geändert haben und Kuraufenthalte in Bad Elster nicht gerade ein Aufreger sind. Und so wirken die Texte, die das Schauspielerduo Beate Kurecki und Johannes Richard Voelkel an diesem Wochenende vortragen, nicht nur seltsam antiquiert sondern auch ziemlich belanglos. Es geht nun einmal um zwei ausgeprägte Künstler-Egos, die noch dazu so freudlos und steril präsentiert werden wie es das knarzende Ambiente mit Abstandswahrung und Einzelbestuhlung im Foyer des Brandenburger Theaters tut.

Die beiden Akteure gehen bei ihrer Lesedarbietung immer auf Distanz zueinander und tun dabei so, als gehe es um Liebe. Das funktioniert einfach nicht. Sie spielen nicht miteinander, lächeln sich höchstens mal zu und haben ganz offensichtlich auch unterschiedlich viel Zeit in die Erarbeitung der Texte investiert. Während Beate Kurecki ihren Part mit klarer Diktion und bewusst vorträgt, verhaspelt sich Johannes Richard Voelkel am eigenen Tempo, das er nicht beherrscht. Betont lässig und trotzdem stocksteif sitzen sie frontal zum Publikum während Martin K. Ludwig mit der Gitarre und seiner Stimme eine Theaterstimmung zu erzeugen versucht, die es nun einmal nicht gibt. Jeder einzelne Darsteller hat sein eigenes Tempo, nichts geht ineinander über. So erinnert das Ganze stark an eine sakrale Liturgie, bei der jeder einzelne Punkt abgearbeitet wird.

Es hätte dringend einer Inszenierung, einer Dramaturgie oder wenigstens eines moderierenden Publikumsgesprächs bedurft, um diesen leicht verklemmt wirkenden Texten eine Richtung zu geben. Dann hätte vielleicht die Diskussion darüber, warum Mutti gerade jetzt angerufen hat, ein wenig Licht ins Dunkel dieser seltsamen Lesereihe-Ausgabe geworfen.

Bilder

Foto: Helga Stöhr-Strauch
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