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5 Fragen an Filzkünstler Christian König: „In meinem Hirn ist einfach unheimlich viel Schabernack“

Interview
  • Erstellt: 24.04.2021 / 11:02 Uhr von Antje Preuschoff
Wer derzeit beim Dekotypen in der Hauptstraße vorbei geht, kann dort ungewöhnliches tierisches Treiben beobachten. Knallbunte Filzviecher sorgen für ein breites Schmunzeln. Kreiert hat sie Christian König, der unter dem Label Königs Filzerei wirkt. Im Interview erzählt der Radeweger, wie sein verrückter Zoo entsteht.
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Meetingpoint: Herr König, wieso eigentlich Filz?
Christian König: Eine Berliner Freundin ist nach Neuseeland ausgewandert und hat dort eigene Schafe. Vom ersten – Purzel – schickte sie mir Wolle. Ich habe die lange liegen lassen. Als Kinder waren wir zwar immer sehr kreativ, haben gebastelt und gemalt, aber stricken ist mir nie gelungen.
Als meine Freundin mich in Deutschland besuchte, sagte sie: „Ich zeig dir was“. Sie fing an zu filzen – nass, so wie man das kennt. Wir haben eine Styroporkugel eingefilzt, dann den Ballen aufgeschnitten. Weil ich fand, dass es wie eine Tulpe aussah, habe ich noch einen Stängel und Blätter dazu gemacht. Später habe ich angefangen mit kleinen Hüten an Haarspangen. Irgendwann konnte ich die nicht mehr sehen.

Aber sie haben nicht gelangweilt aufgehört, sondern stattdessen etwas verändert?
Christian König: Ich habe die Technik verändert. Nassfilzen habe ich technisch nie wirklich gut hingekriegt, es verzeiht keine Fehler. Es war mir auch mit dieser Panscherei nichts. Also habe ich das Trockenfilzen studiert und ausprobiert. Am Anfang Styroporkugeln und Pfeifenputzer eingefilzt und Würmer daraus gemacht.
Als ich einige Zeit im Krankenhaus lag, sind noch mehr Würmer entstanden. Meinem ständig rauchenden Zimmernachbarn habe ich einen Wurm mit der Zigarette in der Schnute gefilzt und ihn Detlef nach ihm benannt. Das war die erste Figur, die in die Richtung ging, die Sie heute sehen.
Danach habe ich Blut geleckt. Mit dem Trockenfilzen habe ich eine Technik gefunden, mit der ich regelrecht zeichnen konnte. In der Technik bin ich versunken. Es entspannt mich, bringt mich selbst zu Lachen, wenn die Viecher entstehen.

Sie haben zuvor als Augenoptiker gearbeitet. Wieso der Wechsel zur künstlerischen Selbstständigkeit?
Christian König: Das hat sich entwickelt. Irgendwann meinten meine Freunde: "Mach ein paar mehr Würmer und gehe damit auf den Kunstmarkt". Also habe ich alles, was ich hatte, auf die Spandauer Kunstbörse mitgenommen. Lustigerweise habe ich schon zuvor immer gesagt, wenn ich nicht mehr Optiker sein kann, mache ich einen Blumenstand auf dem Markt auf. Jetzt ist es ein Filzstand geworden.
Ich habe irrsinnig viel Spaß am Markttreiben. Ich möchte das Feedback der Besucher, ich möchte meine Geschichte erzählen. Ich genieße es, wenn sie darauf reagieren, wenn ich sie zum Lachen bringe. Das fehlt mir derzeit auch. Denn es ist ein kleines bisschen Lebenselixier.

Wie kommen Ihnen die Ideen zu den Figuren?
Christian König: Je mehr ich verkauft habe, desto mehr habe ich gemacht, desto mehr hat sich alles entwickelt. Irgendwann kamen zum Beispiel die Zähne hinzu – mein heutiges Markenzeichen. Einem Hasen habe ich die ersten verpasst, von einem Halloween-Horrorgebiss. Mittlerweile ersteigere ich Musterreste von Dentallaboren. Deswegen sehen die so echt aus.
Dann habe ich begonnen, Kurse zu geben. Ich bin mit meinem Koffer losgezogen und habe mit anderen gefilzt. Daraus ergeben sich ebenfalls neue Inspirationen. Zum Beispiel, als ein befreundetes vietnamesisches Paar einen Witz über ein Krokodil erzählte und immer das „l“ statt dem „r“ benutzte und vom Klokodil redete. Da war klar, das muss ich filzen.
Von Wortspielen lasse ich mich gern inspirieren. So sind die „Blumenst-Engel“ entstanden. Oder der Sau-Bär (Anm: ein Bär mit Schweinenase und Besen) oder das Kürbiest (ein gruseliges kürbisförmiges und -farbiges Untier).
Wenn mir gar nichts einfällt, dann nehme ich eine Farbe, die mir gefällt und lege los. Es ist dann wie ein Blitz, es passiert einfach. In meinem Hirn ist einfach irrsinnig viel Schabernack.

Haben Sie Probleme, Ihre Geschöpfe wegzugeben?
Christian König: Nein. Ich möchte, dass die adoptiert werden, dass sie ein gutes Zuhause bekommen. Ich genieße es, diesen schwachen Moment zu sehen, wenn die Menschen das Tier ins Herz schließen. Wenn man Künstler ist, möchte man doch merken, dass es bei anderen ankommt.

Wer mehr sehen will: [Bildergalerie]
Wer mehr wissen möchte: [www.koenigs-filzerei.de]

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