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fckupN8 in der Turbine: Wenn bei Unternehmern mal so richtig was schief geht - und wie sie gestärkt daraus hervorgehen!

Aus der Stadt
  • Erstellt: 19.11.2022 / 10:01 Uhr von cg1
Der Weg zum eigenen Business ist nicht immer ein Selbstläufer - und es kann trotz sorgfältiger Planungen etwas (oder auch einfach alles) anders laufen, als man es sich vorher gedacht hat. Die Folgen sind dann oft gravierend und können bis zu einer Insolvenz reichen. Davon haben bei der fckupN8 der Wirtschaftsjunioren vier Unternehmer auf sehr authentische Art und Weise berichtet. Einer von ihnen war der IT-Unternehmer Nico Danneberg, der in Potsdam mit seinem Geschäftspartner die VCAT Consulting betreibt. Er zeigte, wie ein eigentlich gut aufgestelltes Unternehmen vor riesige Probleme gestellt wird, wenn wichtiges Personal geht und das eine Kettenreaktion auslöst. 
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1999 begann die Geschichte der Firma, zunächst war das Ziel die Entwicklung einer Lernplattform. Das Geschäft nahm Fahrt auf, später gründete das Team eine eigene GmbH. Ein Teil der Firma hat sich mit Open Source Software beschäftigt und diese für Kunden angepasst. Wollten Firmen noch speziellere Lösungen, wurden komplette Eigenentwicklungen aufgesetzt. Bis 2014 hat sich das gut entwickelt, 13 Leute umfasste das Team. Nico Danneberg macht da auf ein erstes Phänomen aufmerksam: “Mit 80% der Kunden wurden 20% des Umsatzes gemacht - nämlich denen im Open Source Bereich.” Umkehrschluss: Die anderen 20% der Kunden im Bereich der Spezial-Software brachten 80% des Umsatzes. Dann kam der Tag X. "Im April 2014 kommt einer unserer wichtigen Entwickler - der als einziger Mitarbeiter nicht festangstellt war, weil er das so wollte - er hatte ein Wahnsinns-Angebot von einem großen Konzern in Berlin, dort eine Fachabteilung aufzubauen. Da kann ich es ihm nicht verübeln, dass er mit dem zweifachen Gehalt und dem Aussicht auf eine Leitungsstelle geht."
Der Schock saß erst einmal tief - aber zwölf Leute sollten doch passen, oder? Kurz darauf folgte Mitarbeiter 2. "Jetzt wirds spannend", beschreibt Nico Danneberg das damalige Empfinden. Und das wurde es: Der Weggang des Duos sorgte dafür, dass sich auch weitere Teamkollegen umsahen. Das führte zum Beispiel des Weggang des Chefentwicklers und weiterer Teammitglieder. Innerhalb weniger Monate schrumpfte die Belegschaft von 13 auf 6. Das besondere Problem: Die meisten von ihnen waren im Bereich der Spezialsoftware tätig - also im Umsatzbringer des Unternehmens. "Da war es nicht nur einmal, dass wir uns ansahen und fragten: Wollen wir zumachen?", erinnert sich der Unternehmer. Doch wie löste VCAT die Situation? "Die Lösung war relativ einfach - so wie alle Lösungen. Nur im Moment kommt man nicht drauf", so Danneberg. Über einen alten Kontakt zum HPI fanden die Unternehmer ein StartUp, dass genau die gleiche Spezialsoftware-Entwicklung anbietet, wie sie zuvor. Man übergab die Kunden samt Umsatz, auch wenn das keine leichte Entscheidung gewesen sei. Die Folge: "Die dadurch quasi aufgezwungene Fokussierung auf den Open Source Softwarebereich war rückblickend das Beste, was uns passieren konnte", so Nico Danneberg. Kunden verstanden besser, wofür die Firma steht, das Team fand neue Mitarbeiter (heute 20) und steigerte den Umsatz. Er rät Unternehmern: "Schaut, wie fokussiert ihr auf ein Thema zu sein könnt. Zerfasere dein Unternehmen, deine Marke, deinen Außenauftritt nicht."

Auch bei der fckupN8 gesprochen hat Dana Minor. Die Trainerin und Qualitätsmanagerin kehrte 2017, nach einem Ausflug in die alten Bundesländer, ins Havelland zurück. Sie stieg als Qualitätsmanagerin bei der HZD in Premnitz ein, das Unternehmen hatte sich auf die Fertigung von Zinkdruckgussteilen spezialisiert. Es gab viele 12-Stunden-Tage, Minor fühlte dem Unternehmen auf den Zahn, entdeckte Lücken und stieß auf viele unzufriedene Mitarbeiter. “Ich habe die Firma schon selbst als kranke Firma kennengelernt", beschreibt sie ihre Erinnerungen. 2018 wollte Dana Minor dann das Unternehmen verlassen und in die Selbstständigkeit starten, im Oktober suchte sie daher die Hilfe des TGZ in Brandenburg und nahm an einem Gründerworkshop teil. Ihr Ziel: “Ich möchte ein Unternehmen mit nicht mehr als 25 Personen führen - idealerweise in einer Nachfolge.” Ihre Beraterin hielt dagegen: Probiere dich erst einmal allein aus, so der Ratschlag. Anfang 2019 - zum Beginn der Coronazeit - stieg Dana Minor in den Markt ein, bot Qualitätsmanagement an und bekam kurz darauf eine Lehrerstelle bei der Handwerkskammer. Im November 2019 kam dann die Nachricht, dass die HZD insolvent war. “Das war zu erwarten, aber dennoch ein Schock”, so Minor. Sie machte das Vorhaben zu ihrem Herzensprojekt, wollte die HZD retten. Nach Risikoanalyse und weiteren Überlegungen stand der Entschluss: Ich mache das, ich bin mit dem Kopf durch die Wand. Im August 2020 übernahm Dana Minor die Firma und stand schnell vor großen Problemen. Eines davon: Die 2021 einsetzende Lieferproblematik beim Material und damit einhergende Verteuerungen. Sie beschreibt: “Anfangs habe ich für das Kilogramm Zink für 1,85 Euro beim Insolvenzverwalter gekauft, in der Krise waren wir bei 4 Euro. Wenn der LKW plötzlich doppelt so teuer ist und man sich überlegen muss, ob man das Personal oder das Material bezahlt - obwohl eines ohne das andere nicht geht - da war der Schnitt nicht mehr so schwer, im Januar diesen Januar diesen Jahres zu sagen: Es ist gut.
Sie beschreibt auch den wohl schlimmsten entdeckten Fehler in der Prozesskette: Der Zinkpreis wurde bei der Auftragsannahme nicht ordnungsgemäß weitergegeben. Die Folge: Es gab einige Kunden, deren Zinkpreis bei der Bestellung galt. Da die mittlere Durchlaufzeit von Teilen im Unternehmen zwischen 4 und 16 Wochen lag, zahlte Dana Minor hier teilweise fünfstellig pro Kunde drauf. Die Kapitaldecke war am Ende zu dünn, rund 250.000 Euro privates Geld steckte die Unternehmerin in ihre Firma, es reichte nicht. “Als ich dann im Januar anmelden musste, bin ich abgestürzt”, beschreibt sie den Gang in die Insolvenz. “Ich hatte von zuviel Schokolade und Kaffee Diabetes bekommen". Ablenkung war nötig, die fand sie auf dem Hof ihres Partners. “Dort gab es einen riesigen Berg Holz - ich habe dann wirklich einen Monat lang nur Holz gespalten und ins Regal gestapelt”, erzählt Dana Minor, die diese Zeit zum Nachdenken nutzen konnte. Ihr Fazit: Es hätte nichts die HZD gerettet, die zu dünne Kapitaldecke hätte keine ihrer anderen Unternehmensentscheidungen ausgleichen oder auffangen können. Anders würde Minor heute Risikobetrachtungen machen, zum Beispiel beim Zinkeinkauf. “Das habe ich zwar gemacht, aber ich ging davon aus, es kann nicht höher als 20% in der Bewegung sein. Keiner hat erwartet, dass wir am Ende bei 200% in der Schwankung herumrennen.” Ihr Rat an andere Nachfolge-Unternehmer: Prüft, wie werthaltig der Lager-Warenbestand ist und wie sich dieser auf eine mögliche Kreditlinie auswirkt - und zwar bevor unterschrieben wird. Es hat einige Zeit gedauert, doch Dana Minor kämpfte sich zurück. Sie ist heute weiter als Qualitätsmanagerin tätig und hat ihren Traum nicht aufgegeben: Irgendwann soll es ein eigenes Unternehmen sein, dann allerdings wirklich nicht mit mehr als 25 Mitarbeitern.

Die Geschichten der Protagonisten am Abend bei den Wirtschaftsjunioren Brandenburg zeigten: Dass eine Geschäftsidee mal nicht funktioniert, das kommt vor und kann schmerzhaft sein - sowohl emotional als auch finanziell. Doch was Unternehmerpersönlichkeiten auszeichnet: sie lernen daraus und haben den Mut, sich neuen Aufgaben zu stellen.

Bilder

Ali, Dana, Martina und Nico (v.li.) waren die vier “Helden des Scheiterns”, die in der Turbine über Scheitern und den Neuanfang berichteten.
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