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Leserbrief: Es scheint, hier wurde vom Veterinäramt - aus welchen Gründen auch immer - weit über das Ziel hinausgeschossen.

Leserbriefe
  • Erstellt: 21.04.2024 / 18:01 Uhr von René Vogel
Alles ist - wie immer - eine Frage der Lesart. Das Veterinäramt sperrt unter Anordnung der sofortigen Vollziehung 12 Hundestuben im Tierheim Brandenburg und stützt das auf § 5 Abs. 2 Tierschutz Hundeverordnung. Dort heißt es: "Ein Hund darf in Räumen oder Raumeinheiten, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Aufenthalt von Menschen dienen, nur dann gehalten werden, wenn 1. die benutzbare Bodenfläche die Anforderungen an die Maße nach § 6 Absatz 2 Satz 1 erfüllt, 2. für den Hund der freie Blick aus dem Gebäude oder der Raumeinheit heraus gewährleistet ist und …

... 3. bis zu einer Höhe, die der aufgerichtete Hund mit den Vorderpfoten erreichen kann, keine Strom führenden Vorrichtungen, mit denen der Hund in Berührung kommen kann, oder Vorrichtungen, die elektrische Impulse aussenden, vorhanden sind."

Das Veterinäramt liest da ein grundsätzliches Erfordernis bodentiefer Fenster in den Hundestuben und nimmt das als Rechtsgrundlage für sein Vorgehen am 18.04.2024.

Zweifel sind jedoch angebracht. Hatte das für die Verordnung zuständige Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hier wirklich die Hundehaltung im Tierheim im Blick? Denn nach dem Wortlaut soll die Regelung ja nur für die Haltung von Hunden in Räumen oder Raumeinheiten gelten, die nach ihrer Zweckbestimmung nicht dem Aufenthalt von Menschen dienen. Von dieser Ausnahme ist aber nicht nur die Hundehaltung in Wohnungen erfasst, denn da steht ja ausdrücklich nicht "Wohnzecke" sondern nur "Aufenthalt von Menschen". In der Kommentierung zur Tierschutz Hundeverordnung heißt es: "Ob Räume nicht dem Aufenthalt von Menschen dienen, richtet sich nach der Zweckbestimmung desjenigen, der die Sachherrschaft über sie ausübt." Darüber entscheidet also das Tierheim selbst.

Die Hundestuben im Tierheim Brandenburg, die übrigens alle mit normalen Fenstern ausgestattet sind - kein Hund sitzt also im Dunkeln - dienen dem Aufenthalt von Menschen, nämlich der Pfleger und Ehrenamtlichen, und zwar damit diese in Vollzeit ihre wertvolle Arbeit an und mit den Hunden verrichten können. Die Tierheimleiterin hat sogar ihr Büro Tür an Tür mit einigen der betroffenen Hundestuben.

Es liegt nahe, dass die Verschärfung des Verordnungsgebers wohl eher auf Halter abzielt, die Hunde - wie leider nicht selten der Fall (Stichwort Hundehölle) - nie rauslassen, schlimmstenfalls dauerhaft als Gebärmaschinen in Kellern oder Verschlägen hausieren lassen, ihnen, wenn es gut läuft nur mal Futter und Wasser hinstellen und sich sonst nicht drum kümmern. Diese armen Kreaturen ohne Kontakt sollen dann wenigstens einen freien Blick aus dem Fenster haben dürfen. Aber im Tierheim Brandenburg? Wo die Pfleger oft stundenlang und sogar am Wochenende bei den Hunden sind, diese pflegen, gesundheitlich überwachen, täglichen Freilauf geben, Gassi führen, Kuscheln und trainieren etc.? Es scheint, hier wurde vom Veterinäramt - aus welchen Gründen auch immer - weit über das Ziel hinausgeschossen.

René Vogel
Rechtsanwalt


Bitte beachten: Meldungen in der Rubrik "Leserbriefe" geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sie sind ein persönlicher Text des jeweiligen Verfassers. Einsendungen sind unter [info@meetingpoint-brandenburg.de] möglich.
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